schwarz und weiss

Farbige Gedanken von Claudia

Um es schon vorweg zu nehmen, hier meine neuste Erkenntnis: zwischen schwarz und weiss ist nicht grau. Ausatmen!

Aber von vorne. Schwarz: klar, stark, unverrückbar und geheimnisvoll - ein Statement. Von Gothic, zur klassischen Beerdigung, zum kleinen Schwarzen- du kannst nichts falsch machen, bist in Sicherheit.

Weiss: Klar, stark, rein, und und ebenfalls eine Aussagekraft mit Potential. Von der Taufe, zum Ärztekittel, zu Uriella: es ist klar um was es geht und steht nicht zur Diskussion.

In den Polen findet sich also Klarheit und Sicherheit. Da kannst du ausruhen und auf eine besondere Art bist du nicht alleine. Auch wenn sie vielleicht nicht da sind, es gibt Verbündete, es gibt einen Konsens, auf eine besondere Art bist du im Recht.

Ja, und Recht haben, sind wir ehrlich, ist ein unglaublich schönes Gefühl. Alles kann innerlich zur Ruhe kommen.

Teile ich mit Gleichgesinnten eine Meinung breitet sich Wärme aus, je nach dem sprudelt auch Freude, es pulsiert eine leise Erleichterung. Es webt sich ein starkes Band der Zusammengehörigkeit. Ich habe einen Clan - Schutz und Sicherheit.

Bin ich dagegen in einer angeregten Diskussion und ich spüre meinen klaren Standpunkt, zeigt sich die Wärme als hitzige Leidenschaft, das Feuer brennt, ich fühle mich stark und lebendig. Auch wenn mein Clan nicht da ist, kann ich mich auf Gleichgesinnte, auf Studien auf „Beweismaterial“ beziehen und bin ebenfalls nicht allein.

Eine „richtige“ Position zu vertreten scheint erwachsen zu sein. „Man“ muss eine Meinung haben um „jemand“ zu sein. In unserer Kultur sind wir da wiedermal im Dilemma. Wir wollen und sollen Charakter, Kante und Format haben, aber bitte niemandem jemals ins Gärtli treten.

Könnte die Rettung demnach zwischen den Polen liegen? Doch was Zwischendrin ist wissen wir ja: mäuschengraues Wischiswaschi, eine Unposition. Das ist halt einfach nur unreif. Dort lebt die Unklarheit, das Hin- und hergerissen-sein, das Nicht-entscheiden-können. Es ist das Reich der Waschlappen und Warmduscher, der Muttersöhnchen und Weicheier*innen. So ist es.

Glaubst du das? So ist es natürlich nicht, oder viel treffender gesagt: nicht nur!
Die Polaritäten können auch ein gutes Versteck sein und der Raum dazwischen ist viel mehr als grau.

Dazu eine kurze Rückschau: In den letzten Jahren hat sich mein Leben immer mehr vom der wilden Achterbahnfahrt zu einem Sonntagnachmittagsspatziergang entwickelt (und auch hier: nicht nur! Sich immer mal wieder überfordert und gefrustet zu fühlen, gehört offenbar zum gesunden Wachstum).
Zu Beginn, hat die Veränderung viel Ruhe und Erleichterung gebracht. Es gab viel zu staunen. Es geht auch anders! Eine Beziehung braucht gar kein Drama um lebendig zu sein. Ich muss mich mit einem Job gar nicht identifizieren um dort gute Arbeit machen zu können. Ich muss mich nicht bei jedem Wetter und in jeder Verfassung in den Strassenverkehr „schmeissen“. Wow! Ich kann tatsächlich selbst bestimmen und muss mich nicht mit Haut und Haaren allem verschreiben was mir wichtig scheint.
Oh, und dann plötzlich: Ich spüre wie das Damokles Schwert des Langweiler - und Bünzlitums unheilvoll über mir hängt. Vor meinem inneren Auge sehe ich alte Ehepaare, die sich immer ähnlicher werden, kleiner, grauer leerer und in der harmonischen Anpassung, ihr Format, ihre Kanten, ihre Eigenheit dem vermeintlichen Frieden opfern. Zu Ende gedacht, werden ihre Aussagen immer gleicher, farb- und phantasieloser und am Schluss fühlen sie sich, momol, wohl im warmen Einheitsbrei und sehen dabei aus, wie ihr Pudel (nichts gegen den Pudel- in ihm ist ja aller Wahrscheinlichkeit nach „Pudel“ angelegt und ich gehe davon aus, er verkörpert sein Potential).
Blüht mir dieses Szenario oder ist das absurd?!

Ich habe meine Befürchtungen zur Seite geschoben und meine persönliche Faktenlage gecheckt. So richtig systematisch mit Fragen und radikaler Ehrlichkeit.
  • wie sind sich meine Beziehungen am verändern?
  • wie gestaltet sich mein beruflicher Weg /mein Berufungsweg?
  • wie entwickeln sich meine persönlichen Baustellen?
  • wie geht es meinem Körper, was verändert sich gesundheitlich?

Meine Antwort wurde schnell klar:
Zwischen schwarz und weiss ist nicht grau, sondern bunt.
Zwischen schwarz und weiss tanzt die Freiheit!
Ich habe eine Wahl.

Die magischen Wundermittel? Nicht recht haben müssen. Loslassen können. In Verbindung mit mir selbst und der Welt bleiben.

Wieviel Energie plötzlich frei wird, wenn ich keine unnötigen Kämpfe mehr austragen muss! Wie erleichternd, wenn ich mich vom „entweder oder“ zum „sowohl als auch“ frei bewegen kann und die Möglichkeiten schwarz, weiss
und bunt sind.

Natürlich setzte ich mich weiterhin (und durchaus auch mal leidenschaftlich) für alles ein was mir am Herzen liegt. Gleichzeitig die Offenheit zu haben
wirklich zuzuhören macht mich wach und munter. Ändere ich meine Meinung, weil mich Argumente überzeugen, fällt mir kein Zacken aus der Krone. Dabei fühle ich mich auch nicht wie ein graues Fähnlein im Wind, sondern erlebe den Raum zwischen schwarz und weiss reich, lebendig und wie gesagt: bunt.
Endlich weiss ich weshalb die Friedensflagge in den regenbogenfarben daherkommt.

Vielleicht sind dir meine Gedanken zu schwarz oder weiss? Dann hoffe ich, dass es dich inspiriert, dir deine eigenen bunten Gedanken zu machen und diese in die Welt zu tragen.


bunterpudelweb2
Collage «pudelwohl» von Manuel


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